Montag, 9. April 2012

Über die Umverteilung von Vermögen und der Gewinne




Eine Antwort auf Nikolaus Kowal

Nikolaus Kowall, Obmann der SPÖ-Sektion Alsergrund, beklagt sich über das Niveau der politischen Auseinandersetzungen. Zu fragen ist allerdings, ob er dieses Niveau anzuheben vermag, wenn auch er von der Standardideologie der Linken ausgeht.

Die Unternehmen machen allesamt satte Gewinne. So nicht nur dort die Rede. Die Schere zwischen Lohneinkommen und Kapitaleinkommen geht  nun tatsächlich immer weiter auf. Gestützt durch einzelne extreme Fälle an Vorstandsbezügen wird dann auch noch die Meinung unterschoben, all dieses Geld gehe in den Luxuskonsum der oberen Zehntausend.

Sicher gibt es diesen Konsum auch. Sie nagen wahrlich nicht am Hungertuch, die Kapitaleigner. Dass es große Vermögen gibt, daran besteht kein Zweifel. Nur: Die große Schatztruhe voll mit Euros und Dollars ist es nicht.  Die Mehrheit der Gewinne wird immer wieder re-investiert und erhöht damit das Vermögen der Eigentümer. Vermögen ist folglich nicht Geld, eine Schatzkiste, in die nur hineingegriffen werden muss, sondern etwas, das gegen Geld verkauft werden kann.

Allein diese Re-Investitionen genügen aber nicht, um das „Gewinnspiel“ in Gang zu setzen. Das ganze System würde so an Ort und Stelle treten.  Woher die Gewinne nun kommen, wenn  alle Unternehmen – große wie kleine - im  Saldo Gewinne machen, wird nämlich nicht hinterfragt. Sie fallen so irgendwie wie Manna von Himmel. Eins plus keins ist zweins – ein Hexeneinmaleins.
Der im Gewerkschaftlichen Linksbock nicht unbekannte Erwin Weissel veröffentlichte  1957 im Europaverlag einen Beitrag von Joan Robinson, deren Aussagen viel zur angemahnten politischen Auseinandersetzung beitragen könnten:
„Der Gewinn aus der Tätigkeit während jeden Jahres ist gleich dem Wert dessen, was während des Jahres zum Kapital dazugeschlagen wurde, aber da die Wirtschaft sich jedes Jahr ausweitet, sind die Investitionen in jedem Jahr  größer als im Vorjahr: ........Daher müssen die Unternehmer ständig über ihre Gewinne hinaus finanzielle Mittel investieren. Es muss daher eine ständige Expansion des Kreditvolumens geben. Solange die Unternehmer fortfahren zu investieren, erzielen sie ständig Gewinne, und die Tätigkeit in jedem Jahr befähigt sie, die Darlehen zurückzuzahlen, mit denen diese Tätigkeit finanziert wurde. So kann die Wirtschaft ständig expandieren." (J. Robinson, Über Keynes hinaus, S. 99)

Die Unternehmen als Gesamtheit machen also nur deshalb  Gewinne, weil sie als Gesamt-heit in zusätzliche, also in Netto-Investitionen investieren. Und immer wieder tun. Wenn sie nur das Geldeinkommen investieren,  das sie als Gesamtheit schon haben, können sie als solche keine Gewinne machen. Karl Marx  hat bereits erkannt, dass dies kein Nullsummenspiel sein kann.
Mit Netto-Investitionen schaffen die Unternehmen immer wieder erst zusätzliches Geld zur Finanzierung der Gewinne der vorausgehenden Perioden. Was zur Einsicht führt, dass sich das gesamte vorhandene Geld aus einem sich perpetuierenden Prozess vorangegangener Netto-Investitionen akkumuliert. Hier ist zudem  festzuhalten, dass ja nicht nur die Gewinne investiert werden, sondern  der gesamte Cashflow.  Unternehmen geben ja Geld nicht nur für Netto-Investitionen aus, sondern auch für Löhne, Vormaterialien und Betriebsmittel. Diese hierfür getätigten Ausgaben werden zu Einnahmen anderer Unternehmer, die damit vor allem die früher getätigten Vorfnianzierungen bedienen.

Verkürzen wir diese Einsicht allein auf die Ausgaben für Löhne, so können die Einnahmen der anderen Unternehmer nicht höher als diese Ausgaben sein. Die Gewinne der Verkäufer-Unternehmen setzen also voraus, dass die Käufer-Unternehmen zusätzliches Geld  vorschießen, das sie bei Verschuldung mit zusätzlichen Krediten einsetzen können. . Diese zusätzlichen Kredite werden vorzugsweise für Netto-Investitionen verwendet. Letztendlich ist es somit so, dass sämtliches Geld durch die Hände der Lohnempfänger fließt, aufgeteilt in die Einkommen der Arbeiter im Konsumgüterbereich und der im Investitionsgüterbereich, nicht aber aufgeteilt in Löhne und Gewinne. Die Gewinne entstehen erst dadurch, dass die Lohnempfänger nun zu Preisen kaufen müssen – und auch kaufen können -, die höher sind als vordem deren Herstellungskosten.

Investitionen schaffen also Geld.  Geld ist somit nicht Voraussetzung einer Investition, sondern deren Folge. Geld muss in einen dynamischen Prozess immer erst entstehen, so wie der aerodynamischen Auftrieb bei einem Flugzeug nicht schon von vorneherein da ist, sondern erst durch die Startbewegung  entsteht.

Nun können diese Kredite auch zur Finanzierung von Lohnerhöhungen verwendet werden. Damit wird nun aber vorzugsweise nur die Nachfragemöglichkeit der Arbeitsplatzbesitzer verbessert, nicht aber neue Arbeitsplätze im Investitionsgüterbereich geschaffen bzw. vorhandene gesichert.  Vielmehr wird es zu einem inflationären Preisanstieg kommen.

Die Investitionssumme kann somit nicht allein aus vorhandenem Geld aus den Gewinnen bestehen, sondern es muss zusätzliches Geld aus Krediten investiert werden. Je geringer nun aber  die Gewinne sind, umso höhere Kredite müssen bei gleich bleibender Investitionshöhe aufgenommen werden. Gewinne aber werden sowohl durch Eigenentnahmen wie auch durch Fremdentnahmen (Steuern und  Abgaben) reduziert.

Die Entscheidung, Netto-Investitionen zu tätigen, hängt damit auch von der Höhe der Netto-Gewinne  (Gewinne nach Steuern) ab. Damit aber  auch die Schaffung neuer bzw. Sicherung vorhandener Arbeitsplätze.  Wobei hier festzuhalten ist: Umverteilung der Gewinne schafft  nicht zwangsläufig ein höheres Gesamteinkommen der Lohnabhängigen. Buchhalterisch aber wird  durch jede Netto-Investition zusätzliches Vermögen geschaffen.

Das Geld, das für die Investitionen verwendet wird, wird den Lohnarbeitern nicht entzogen, sondern wird erst durch mehr Geld  mehr Arbeit und Lohn für die Herstellung neuer Vermögenswerte finanziert. Vermögen besteht dabei mehrheitlich in Ansprüchen aus Anlagevermögen, das durch Verkauf in Geld verwandelt werden kann. Wer aber verkaufen will, braucht einen, der kaufen kann. Der also Geld hat.

Dieses Geld ist  nicht einfach da. Die Mehrheit der geldökonomischen Analysen gehen jedoch von der Voraussetzung aus, dass Geld einfach für sich allein da ist,  es nirgends einen Anfang gibt, in dem Geld unter bestimmten Voraussetzungen entsteht. Geld allein für sich steht. Und daher neutral ist, keinen bösen Schatten wirft. Die Bilanzen der Banken, wie sie konsolidiert in den Monatsberichten der Zentralbanken zu finden sind, lehren jedoch das Gegenteil:  Geld wirft einen Schatten in Form  gleich hoher Schulden. Somit  bedingt mehr Geld auch ein Mehr an Schulden in Form von Krediten.
Diese Schulden müssen aber von jemandem gemacht und übernommen werden. Idealtypisch sind das die Unternehmen.

Es ist daher populistisch irreführend, wenn immer wieder einer Umverteilung der Gewinne hin zu den Lohneinkommen  das Wort geredet wird.  Anlagevermögen (Sachvermögen und Forderungen an Dritte) bleibt Anlagevermögen, wer immer die Eigentümer sind. Ist privates Eigentum in Händen Einzelner. Damit kann vorerst niemand etwas kaufen. Derartiges Vermögen kann jedoch gegen Geld veräußert werden.  Anlagevermögen in Form von Aktien oder anderen Beteiligungen auch in Arbeitnehmerhand können also nur durch deren Verkauf zu Geld gemacht werden. Dieser Verkauf ist aber nur dann möglich, wenn es – wie schon gesagt – Käufer gibt, die Geld haben oder es sich über Verschuldung beschaffen können. Also Vermögen haben: Entweder in Geld, aber meist in Anlagen, die sie als Sicherheit für Kredite einsetzen können.

Liquides Vermögen, so wie es zur Zahlung von Steuern und Abgaben herangezogen werden kann, entsteht nicht aus etwas statisch Vorhandenem, sondern immer wieder aus einem dynamischen Prozess, der das Vorhandensein eines Potentialgefälle verlangt
Auch eine linke Umverteilungspolitik muss darauf Rücksicht nehmen, diese Dynamik nicht so weit zu beschneiden, dass die Unternehmen nicht mehr weiter Investitionen tätigen, mit denen immer wieder in Geld entlohnte Arbeitsplätze entstehen oder erhalten bleiben. Gewinne sind daher Voraussetzung für die Schaffung von Arbeitsplätzen.   

Entropie

Diese Einsicht macht auch den „kleinen“ Unterschied zwischen der Ideologie betonten Wirtschaftspolitik  der „Linken“ und der SPÖ  aus, wobei letztere ja tagtäglich vor der praktischen Herausforderung steht. Mit einem weiter nach links Rücken der Versprechungen mögen die Sozialdemokraten also die Wahl gewinnen, können diese dann aber auch  in einer Alleinregierung nicht verwirklichen.  Kapitalismus ist ein Spiel der Vermögenden untereinander, in dem dann auch Erwerbseinkommen entsteht  Gewissermaßen als  Nebenprodukt. Gespielt wird es aber von den Vermögenden nur so lange, wie es gelingt, aus Vermögen mehr Vermögen zu machen. 

Ernst Dorfner, Juni 08


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Als Ergänzung ein Auszug aus „Fetisch contra Mantra“
Zwar ist es richtig, dass die Geldvermögensbesitzer und Kapitaleigentümer die gutsituierten bis höchstvermögenden Gläubiger sind, aber die Armen sind nicht die Schuldner. Allerdings sind die Armen die von den Schulden des Staates Betroffenen. Hier und anderswo. Weil dieser einen Gutteil seiner Einkünfte an die Bezieher von Zinseinkünften zahlen muss. Nicht nur in den Entwicklungsländern, sonder auch in Deutschland. Hier sind es 70 Mrd. Euro jährlich, die statt ins Sozial – und Bildungsbudget zun den Reichen fließen.
Wer aber sind dann die Schuldner? Machen wir eine Blick in die Statistik:

Private Haushalte Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften Staat Monetäre Finanzinstitutionen
Geldvermögen 3.730,5 1.901,1    301,6 5.462,5
Geldschulden 1.535,0 3.142,4 1.325,4 5.278,0
Netto-Geldvermögen 2.195,5

   184,5
Netto-Geldschulden
1.241,3 1.023,9
Tab. 1: Geldvermögen und Geldschulden für 2002 in Mrd. Euro, Quelle: Bundesbank, Finanzierungrechnung 1991 bis 2002, Tab. XI

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