Montag, 9. April 2012

Über die Umverteilung von Vermögen und der Gewinne




Eine Antwort auf Nikolaus Kowal

Nikolaus Kowall, Obmann der SPÖ-Sektion Alsergrund, beklagt sich über das Niveau der politischen Auseinandersetzungen. Zu fragen ist allerdings, ob er dieses Niveau anzuheben vermag, wenn auch er von der Standardideologie der Linken ausgeht.

Die Unternehmen machen allesamt satte Gewinne. So nicht nur dort die Rede. Die Schere zwischen Lohneinkommen und Kapitaleinkommen geht  nun tatsächlich immer weiter auf. Gestützt durch einzelne extreme Fälle an Vorstandsbezügen wird dann auch noch die Meinung unterschoben, all dieses Geld gehe in den Luxuskonsum der oberen Zehntausend.

Sicher gibt es diesen Konsum auch. Sie nagen wahrlich nicht am Hungertuch, die Kapitaleigner. Dass es große Vermögen gibt, daran besteht kein Zweifel. Nur: Die große Schatztruhe voll mit Euros und Dollars ist es nicht.  Die Mehrheit der Gewinne wird immer wieder re-investiert und erhöht damit das Vermögen der Eigentümer. Vermögen ist folglich nicht Geld, eine Schatzkiste, in die nur hineingegriffen werden muss, sondern etwas, das gegen Geld verkauft werden kann.

Allein diese Re-Investitionen genügen aber nicht, um das „Gewinnspiel“ in Gang zu setzen. Das ganze System würde so an Ort und Stelle treten.  Woher die Gewinne nun kommen, wenn  alle Unternehmen – große wie kleine - im  Saldo Gewinne machen, wird nämlich nicht hinterfragt. Sie fallen so irgendwie wie Manna von Himmel. Eins plus keins ist zweins – ein Hexeneinmaleins.
Der im Gewerkschaftlichen Linksbock nicht unbekannte Erwin Weissel veröffentlichte  1957 im Europaverlag einen Beitrag von Joan Robinson, deren Aussagen viel zur angemahnten politischen Auseinandersetzung beitragen könnten:
„Der Gewinn aus der Tätigkeit während jeden Jahres ist gleich dem Wert dessen, was während des Jahres zum Kapital dazugeschlagen wurde, aber da die Wirtschaft sich jedes Jahr ausweitet, sind die Investitionen in jedem Jahr  größer als im Vorjahr: ........Daher müssen die Unternehmer ständig über ihre Gewinne hinaus finanzielle Mittel investieren. Es muss daher eine ständige Expansion des Kreditvolumens geben. Solange die Unternehmer fortfahren zu investieren, erzielen sie ständig Gewinne, und die Tätigkeit in jedem Jahr befähigt sie, die Darlehen zurückzuzahlen, mit denen diese Tätigkeit finanziert wurde. So kann die Wirtschaft ständig expandieren." (J. Robinson, Über Keynes hinaus, S. 99)

Die Unternehmen als Gesamtheit machen also nur deshalb  Gewinne, weil sie als Gesamt-heit in zusätzliche, also in Netto-Investitionen investieren. Und immer wieder tun. Wenn sie nur das Geldeinkommen investieren,  das sie als Gesamtheit schon haben, können sie als solche keine Gewinne machen. Karl Marx  hat bereits erkannt, dass dies kein Nullsummenspiel sein kann.
Mit Netto-Investitionen schaffen die Unternehmen immer wieder erst zusätzliches Geld zur Finanzierung der Gewinne der vorausgehenden Perioden. Was zur Einsicht führt, dass sich das gesamte vorhandene Geld aus einem sich perpetuierenden Prozess vorangegangener Netto-Investitionen akkumuliert. Hier ist zudem  festzuhalten, dass ja nicht nur die Gewinne investiert werden, sondern  der gesamte Cashflow.  Unternehmen geben ja Geld nicht nur für Netto-Investitionen aus, sondern auch für Löhne, Vormaterialien und Betriebsmittel. Diese hierfür getätigten Ausgaben werden zu Einnahmen anderer Unternehmer, die damit vor allem die früher getätigten Vorfnianzierungen bedienen.

Verkürzen wir diese Einsicht allein auf die Ausgaben für Löhne, so können die Einnahmen der anderen Unternehmer nicht höher als diese Ausgaben sein. Die Gewinne der Verkäufer-Unternehmen setzen also voraus, dass die Käufer-Unternehmen zusätzliches Geld  vorschießen, das sie bei Verschuldung mit zusätzlichen Krediten einsetzen können. . Diese zusätzlichen Kredite werden vorzugsweise für Netto-Investitionen verwendet. Letztendlich ist es somit so, dass sämtliches Geld durch die Hände der Lohnempfänger fließt, aufgeteilt in die Einkommen der Arbeiter im Konsumgüterbereich und der im Investitionsgüterbereich, nicht aber aufgeteilt in Löhne und Gewinne. Die Gewinne entstehen erst dadurch, dass die Lohnempfänger nun zu Preisen kaufen müssen – und auch kaufen können -, die höher sind als vordem deren Herstellungskosten.

Investitionen schaffen also Geld.  Geld ist somit nicht Voraussetzung einer Investition, sondern deren Folge. Geld muss in einen dynamischen Prozess immer erst entstehen, so wie der aerodynamischen Auftrieb bei einem Flugzeug nicht schon von vorneherein da ist, sondern erst durch die Startbewegung  entsteht.

Nun können diese Kredite auch zur Finanzierung von Lohnerhöhungen verwendet werden. Damit wird nun aber vorzugsweise nur die Nachfragemöglichkeit der Arbeitsplatzbesitzer verbessert, nicht aber neue Arbeitsplätze im Investitionsgüterbereich geschaffen bzw. vorhandene gesichert.  Vielmehr wird es zu einem inflationären Preisanstieg kommen.

Die Investitionssumme kann somit nicht allein aus vorhandenem Geld aus den Gewinnen bestehen, sondern es muss zusätzliches Geld aus Krediten investiert werden. Je geringer nun aber  die Gewinne sind, umso höhere Kredite müssen bei gleich bleibender Investitionshöhe aufgenommen werden. Gewinne aber werden sowohl durch Eigenentnahmen wie auch durch Fremdentnahmen (Steuern und  Abgaben) reduziert.

Die Entscheidung, Netto-Investitionen zu tätigen, hängt damit auch von der Höhe der Netto-Gewinne  (Gewinne nach Steuern) ab. Damit aber  auch die Schaffung neuer bzw. Sicherung vorhandener Arbeitsplätze.  Wobei hier festzuhalten ist: Umverteilung der Gewinne schafft  nicht zwangsläufig ein höheres Gesamteinkommen der Lohnabhängigen. Buchhalterisch aber wird  durch jede Netto-Investition zusätzliches Vermögen geschaffen.

Das Geld, das für die Investitionen verwendet wird, wird den Lohnarbeitern nicht entzogen, sondern wird erst durch mehr Geld  mehr Arbeit und Lohn für die Herstellung neuer Vermögenswerte finanziert. Vermögen besteht dabei mehrheitlich in Ansprüchen aus Anlagevermögen, das durch Verkauf in Geld verwandelt werden kann. Wer aber verkaufen will, braucht einen, der kaufen kann. Der also Geld hat.

Dieses Geld ist  nicht einfach da. Die Mehrheit der geldökonomischen Analysen gehen jedoch von der Voraussetzung aus, dass Geld einfach für sich allein da ist,  es nirgends einen Anfang gibt, in dem Geld unter bestimmten Voraussetzungen entsteht. Geld allein für sich steht. Und daher neutral ist, keinen bösen Schatten wirft. Die Bilanzen der Banken, wie sie konsolidiert in den Monatsberichten der Zentralbanken zu finden sind, lehren jedoch das Gegenteil:  Geld wirft einen Schatten in Form  gleich hoher Schulden. Somit  bedingt mehr Geld auch ein Mehr an Schulden in Form von Krediten.
Diese Schulden müssen aber von jemandem gemacht und übernommen werden. Idealtypisch sind das die Unternehmen.

Es ist daher populistisch irreführend, wenn immer wieder einer Umverteilung der Gewinne hin zu den Lohneinkommen  das Wort geredet wird.  Anlagevermögen (Sachvermögen und Forderungen an Dritte) bleibt Anlagevermögen, wer immer die Eigentümer sind. Ist privates Eigentum in Händen Einzelner. Damit kann vorerst niemand etwas kaufen. Derartiges Vermögen kann jedoch gegen Geld veräußert werden.  Anlagevermögen in Form von Aktien oder anderen Beteiligungen auch in Arbeitnehmerhand können also nur durch deren Verkauf zu Geld gemacht werden. Dieser Verkauf ist aber nur dann möglich, wenn es – wie schon gesagt – Käufer gibt, die Geld haben oder es sich über Verschuldung beschaffen können. Also Vermögen haben: Entweder in Geld, aber meist in Anlagen, die sie als Sicherheit für Kredite einsetzen können.

Liquides Vermögen, so wie es zur Zahlung von Steuern und Abgaben herangezogen werden kann, entsteht nicht aus etwas statisch Vorhandenem, sondern immer wieder aus einem dynamischen Prozess, der das Vorhandensein eines Potentialgefälle verlangt
Auch eine linke Umverteilungspolitik muss darauf Rücksicht nehmen, diese Dynamik nicht so weit zu beschneiden, dass die Unternehmen nicht mehr weiter Investitionen tätigen, mit denen immer wieder in Geld entlohnte Arbeitsplätze entstehen oder erhalten bleiben. Gewinne sind daher Voraussetzung für die Schaffung von Arbeitsplätzen.   

Entropie

Diese Einsicht macht auch den „kleinen“ Unterschied zwischen der Ideologie betonten Wirtschaftspolitik  der „Linken“ und der SPÖ  aus, wobei letztere ja tagtäglich vor der praktischen Herausforderung steht. Mit einem weiter nach links Rücken der Versprechungen mögen die Sozialdemokraten also die Wahl gewinnen, können diese dann aber auch  in einer Alleinregierung nicht verwirklichen.  Kapitalismus ist ein Spiel der Vermögenden untereinander, in dem dann auch Erwerbseinkommen entsteht  Gewissermaßen als  Nebenprodukt. Gespielt wird es aber von den Vermögenden nur so lange, wie es gelingt, aus Vermögen mehr Vermögen zu machen. 

Ernst Dorfner, Juni 08


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Als Ergänzung ein Auszug aus „Fetisch contra Mantra“
Zwar ist es richtig, dass die Geldvermögensbesitzer und Kapitaleigentümer die gutsituierten bis höchstvermögenden Gläubiger sind, aber die Armen sind nicht die Schuldner. Allerdings sind die Armen die von den Schulden des Staates Betroffenen. Hier und anderswo. Weil dieser einen Gutteil seiner Einkünfte an die Bezieher von Zinseinkünften zahlen muss. Nicht nur in den Entwicklungsländern, sonder auch in Deutschland. Hier sind es 70 Mrd. Euro jährlich, die statt ins Sozial – und Bildungsbudget zun den Reichen fließen.
Wer aber sind dann die Schuldner? Machen wir eine Blick in die Statistik:

Private Haushalte Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften Staat Monetäre Finanzinstitutionen
Geldvermögen 3.730,5 1.901,1    301,6 5.462,5
Geldschulden 1.535,0 3.142,4 1.325,4 5.278,0
Netto-Geldvermögen 2.195,5

   184,5
Netto-Geldschulden
1.241,3 1.023,9
Tab. 1: Geldvermögen und Geldschulden für 2002 in Mrd. Euro, Quelle: Bundesbank, Finanzierungrechnung 1991 bis 2002, Tab. XI

Freitag, 17. Februar 2012

Vom Abbau der Schulden ohne Geldvernichtung

Eine Klärung

„Schulden und Guthaben sind  immer gleich hoch“.  Zunehmend häufiger. hört man diesen Satz..
Doch es  gibt entscheidende Unterschiede in der  Interpretation der Aussage.  Im herkömmlichen neoklassischen Verständnis, in dem Kredite Ersparnisse voraussetzen,  ist diese Aussage eine Tautologie, die sich   aus den Regeln der Bilanzierung ergibt.  Die Guthaben  des Einen sind zwangsläufig bei  einem Verleihvorgang die Schulden  eines Anderen. An die Stelle einer Einlage – am Besten vorstellbar als Bareinlage – auf der Aktivseite der Bilanz tritt dann „nur“ eine Forderung des Kreditnehmers.   An der Bilanzsumme aber ändert sich dabei nichts.
Die Einlage des „Sparers“ kommt also von Außen in die Bank – besser: in eine "Spar"kasse – hinein. Das Geld befindet sich also zuerst außerhalb der Sparkassen (Outside-money oder exogenes Geld) und kommt dann in die Sparkasse hinein. Es wird dann intern weitergegeben bzw. bei Schuldentilgung wieder zurück gezahlt, womit es auch wieder nach Außen abfließen kann. Das Outside-money bleibt damit erhalten. Schuldenabbau bedingt keine Geldvernichtung!

Von dieser Ansicht gehen alle Überlegungen aus, wie denn die Finanzkrise überwunden werden kann. Das Geld, das der Staat nicht ausgibt, muss irgendwo anders da sein. Und dort auch ausgegeben werden. Die Vorstellung eines „Crowding out“ durch Beanspruchung des Kapitalmarktes  durch den Staat wird also nur umgedreht: Das Geld ist ja da, es muss nur von jemanden ausgegeben werden.  Dass sich mit Geld jedoch von Anfang an (ad ovo) eine Verschuldung verbindet, kann nicht gesehen werden, so lange man Geld vor allem als Tauschmittel sieht. Schulden finden hier theoretisch keinen Platz. Geld wirkt nur ähnlich einem Katalysator, der selbst in die neue chemische Verbindung nicht eingeht. Und so nach dem vollständigen Tausch immer wieder ein Kredit ad hoc zurückgezahlt (A nimmt Kredit, A tauscht mit Geld mit C /// A tauscht für  Geld mit W, A zahlt Kredit zurück) und sofort wieder verwendet werden kann  „Es läuft um“: So die allgemeine Rede.
Daraus resultierte die Ansicht: „Money doesn’t matter!“ (except simplyfing the exchange).

So wird unser Geld allgemein gesehen. So aber ist es nicht!  Das Geld, das nach diesem Verständnis als Ersparnis in der Bank angelegt und als Einlage in der Bankbilanz erst buchhalterisch erfasst wird -, muss von Außen komme. Wo es irgendwie und irgendwo, wonach nicht gefragt wird, vorhanden ist. Und irgendwie herumschweben muss, so lange wir nicht den Ort, wo es liegt,  dingfest machen können.  Welches Geld ist das aber? Das der Zentralbank, wie unterstellt wird, wenn man diese als alleinige Quelle der Geldschöpfung sieht?  Doch Zentralbankgeld ist kein Outside-money.  Erkennbar  ist das in der konsolidierten und auch aggregierten  Bilanz  der monetären Finanzinstitutionen (MFI)  auch die Zentralbank enthalten ist. Siehe dazu Monatsbericht der Deutschen Bundesbank bzw. der EZB http://bundesbank.de/download/volkswirtschaft/monatsberichte/2012/201201mb_bbk.pdf, Statistik II/2  wo es in der Fußnote heißt: Zu den Monetären Finanzinstituten (MFIs) zählen die Banken (einschl. Bausparkassen), Geldmarktfonds sowie Europäische Zentralbank und Zentralnotenbanken.

Wie oder was Geld heute tatsächlich ist,  jedoch wie es so nicht gesehen wird, zeigt wiederum auch die obige Statistik: Sie zeigt, dass alles Inside-money ist. Dass sämtliches Geld innerhalb des Bankensystems geschaffen wird! Das Zentralbankgeld entsteht durch Kreditschöpfung aus Krediten, so wie auch das Geschäftsbankgeld – das Buchgeld – aus Krediten oder kreditähnlichen Forderungen, wie etwa Staatsanleihen, als buchhalterische Gegenposition entsteht. Schon in den 1920 Jahren schreibt deshalb Albert Hahn: „Das Aktivgeschäft kommt vor dem Passivgeschäft“. Mitarbeiter von Keynes wie Michal Kalecki haben das ähnlich gesehen, Keynes selbst konnte sich aber zu dieser Sicht nicht endgültig durchringen.
Bei der Kreditgeldschöpfung kommt  also nichts von Außen herein. Es wird „nur“ die Bankbilanz autonom durch die Bank verlängert. Auf der Aktivseite der Bilanz werden dabei die Kreditschulden – die Forderungen gegen die Kreditnehmer – vergrößert, also verlängert, woraus  sich  zwangsläufig auch eine Verlängerung der Passivseite  ergibt- und damit  auch eine Vermehrung der Guthaben in Form von täglich fälligen Einlagen oder Termineinlagen. Zusätzliches Geld und Geldvermögen wird also durch zusätzliche Verschuldung geschöpft. Die Banken verleihen idealtyisch keine von Außen kommende Einlagen (Outside-money), sondern viel mehr nur selbst“ gefertigtes“ Geld (Inside-money, endogenes Geld).  Damit aber verbindet sich mit dem Geld ad ovo eine Schuld – Kreditschulden, die so lange stehen bleiben, bis sie getilgt werden. Diese Schulden müssen zwangsläufig gemacht werden, wenn Unternehmen in Produktionen investieren. In die Herstellung heute von Produkten, die erst morgen fertig sind und gegen jenes Geld verkauft werden, mit dem auch die Schulden getilgt werden können. Das heißt auch: Schulden gibt es nur dort, wo es auch die Zeit  als unverzichtbare Faktor  für die Ermöglichung der Produktion  gibt. Die Zeit kann so nicht außer Betracht gelassen werden, wogegen  der Tausch die Zeit nicht braucht. Die vorhandene Ware wird vorerst einmal gegen vorhandenes Geld getauscht
Daraus folgt nun aber auch ein anderer Zusammenhang mit der Aussage „dass Schulden und Guthaben immer gleich hoch sind“. Werden hier Schulden abgebaut und damit reduziert, so müssen  zwangsläufig auch die Guthaben reduziert werden. Das heißt: Geld wird vernichtet. Das allerdings wird fast immer in der geführten Debatte vergessen – oder nicht einmal gesehen.
Konkret heißt das in der gegenwärtigen Verschuldungskrise, dass ein Schuldenabbau auch nur bei einem Guthaben-Abbau – bei Geld-Vernichtung -  möglich ist. Hier also liegt des Pudels Kern begraben, der – nicht nur -die ganze EU Kopf stehen lässt!! Mit einem falschen Verständnis von Schulden und daraus einem falschen Handling dieser ist das Wirtschaftsvehikel in den Graben gefahren worden. Wenn es denn eine Lösung gefunden werden soll, dann nur mit einem anderem Verständnis von Schulden. Und einem anderen Verständnis von Geld:  Nicht Tauschmittel, sondern Schuldentilgungsmittel. Geld wirkt also in die Vergangenheit zurück, in der die Schulden durch Kreditaufnahmen gemacht wurden, die heute zu tilgen sind.
Und da  die Schulden des Staates auf der Gegenseite der Bilanz die Vermögen von Privaten bilden, wurden mit dem bislang falschem Handling nicht nur immer mehr Schulden aufgetürmt, sondern auch die Vermögen. Die Besteuerung von Vermögen greift zu kurz.  Es geht um eine Vermeidung von Schulden bzw. einen raschen Abbau von Schulden, wenn sie nicht vermieden werden können.

Dieses irrige Verständnis von Vermögen und Schulden hat seine Auswirkungen nicht nur auf die staatliche Politik, sondern auch auf die Reaktionen der Bürger. Sie sehen Vermögen als etwas konkret Greifbares, das angeeignet werden kann. Ob rechtmäßig oder  unrechtmäßig. Das Vermögen der Vermögenden sind aber „nur“ Forderungen gegen die Schuldner, gegen den Staat. Bei einer gewaltsamen Enteignung fallen dann den Enteignern bestenfalls diese Forderungen zu, die aber nur so lange Vermögen sind, wie das Eigentumsrecht nicht nur gilt, sondern auch exekutiert wird.


Was nun aber verändert werden müsste, damit Geld so ist, wie es gesehen wird, dazu müssen wir nicht erst neue Vorschläge erarbeiten. Dass diese bereits vorhanden sind, zeigt Joseph Huber mit seinem Vollgeld-Vorschlag. Bei Vollgeld – was für ‘vollwertiges gesetzliches Zahlungsmittel’ steht - liegt das alleinige Geldschöpfungsecht bei der Zentralbank:
"Der Übergang zu Vollgeld erfordert keinerlei missliebige Veränderungen der Institutionen, weder im Bankensektor noch an den Finanzmärkten. Geld geht durch die Umstellung vom Reservesystem zu Vollgeld niemandem verloren. Alle Konten und ihre Bestände, insbesondere auch alle Forderungen und Verbindlichkeiten, bleiben unangetastet in voller Höhe erhalten. Die Umstellung erfolgt, indem an einem Stichtag ab der Stunde X die bisherigen Girokonten zu Geldkonten werden und die Sichtguthaben des Publikums somit vollwertiges Geld darstellen. Sie fallen damit aus der Bankenbilanz heraus. Im Gegenzug werden die bisherigen Sichtverbindlichkeiten der Banken gegenüber dem Publikum zu einer Geldverbindlichkeit der Banken gegenüber der Zentralbank. Nichts anderes sind Sichtguthaben: Forderungen/Verbindlichkeiten, welche die Banken anstelle der Zentralbank geschaffen haben. Die zu Geldverbindlichkeiten gewordenen vorherigen Sichtverbindlichkeiten der Banken sollten im Interesse eines unveränderten finanziellen Status quo der Banken weiterhin unverzinslich bleiben. Jedoch werden sie zu tilgen sein, vielleicht im Verlauf von zehn Jahren. Je nach den hierbei gesetzten Fälligkeiten und Raten wird dies bedeuten, dass die betreffenden Verbindlichkeiten nach und nach revolviert und damit umgewandelt werden in neue, dann verzinsliche Geldaufnahmen der Banken, sei es per Zentralbankkredit oder per Geldanlagen des Publikums- bei den Banken. Der bisherige Margen-Extragewinn aus der Sichtguthabenschaffung hebt sich damit nach und nach auf." (Huber, Vollgeld S. 261)
Und weiter dann :
"Mit Übergang zu Vollgeld wird es nicht mehr wie im Geldreserve-System sinnvoll und erforderlich sein, Zentralbank und Kreditinstitute als einen konsolidierten Bankensektor den Nichtbanken, dem Publikum gegenüberzustellen. Man wird die Bilanzen der Zentralbank und der Geschäftsbanken getrennt lassen. Dazu sollte die Zentralbankbilanz so gestaltet werden, dass sie die zirkulierende Geldmenge M vollständig enthält ebenso wie weiterhin ein vollständiges Bild der Regulationsgeschäfte in Form von Kredit- und Devisenoperationen mit in- und ausländischen Banken. Hierfür könnte es sich eventuell anbieten, die Gesamtbilanz der Zentralbank zu gliedern in einen betriebs-, regulations- und schöpfungsbilanziellen Teil, oder aber, der Zentralbankbilanz eine spezielle Geldschöpfungs-Bilanz, praktisch ein Geldbestands-Konto, auszugliedern bzw. voranzustellen." (Huber, S. 265)

Diese Ausführungen sagen, dass für die Einführung von Vollgeld keine neue Strukturen  erforderlich sind, was bei anderen geldreformerischen Vorschlägen meist nicht so – und  daher bei Weitem nicht so problemlos -  ist. Diese Vorschläge sind ja meist vollkommenes Neuland, über das es zwar Visionen gibt, wie es ausschauen könnte und was dort zu erwarten ist, dessen tatsächlichen Gegebenheiten man erst in Zukunft erkennen und erfahren kann. In der Einsicht dieses stellt sich die Frage, wie bereit die Menschen sind, in dieses neue Neuland "auszuwandern".


Hier soll noch auf eine Frage eingegangen werden,
die sich seit Anfang der neuen Vorstellung einer autonomen Geldschöpfung der Geschäftsbanken stellt: Warum denn die Banken, wo sie doch autonom selbst Geld erzeugen können, Einlagen der Bankkunden einwerben und dafür auch noch Zinsen zahlen. 
Die Antwort ergibt sich nicht aus der Ansicht, dass eben Kredite „Spareinlagen“ voraussetzen, sondern aus der von den Banken zu regelnden Fristenkongruenz. Bei langfristig abzuschreibenden Investitionen – einer größerem Maschine, einem Kraftwerk etwa – fließt die mit einem Kredit finanzierte Kaufsumme sehr rasch zurück zu den Produzenten und Verkäufern dieser Güter, womit diese dann ihrerseits ihre Kredite für die Vorfinanzierung deren Produktion tilgen können. Mit der  Kredittilgung wird nun aber  auch Geld aus den neuen Krediten vernichtet, wogegen die Kredite der Investoren selbst monate- bis jahrelang bis zur endgültigen Tilgung stehen bleiben. Gegenüber der „vollen“ linken Seite der Bankbilanz  – den Forderungen – bleibt hier vorerst eine „leere“ rechte Seite in Form fehlender  Bankverbindlichkeiten, ähnlich einer Kinderwippe, auf der nur auf einer Seite ein Kind sitzt.  Diese „leere“ rechte Seite wird dann aber mit den Rücklagen insbesondere aus dem Bereich Haushalte gefüllt, weil ja dort die monatlich ausgezahlten  Einkommen nicht spontan wie beim Kauf eines Investitionsgutes, sondern verteilt auf Monate bis zu Jahren ausgegeben werden, und damit hier die Bankbilanz auf der rechten Seite „übervoll“ ist.  Die oben genannten fehlenden Verbindlichkeiten rechten Seite der Bankbilanz werden diesem Übermaß gegenüber verbucht. Das, was als Sparen der Haushalte ausschaut, ist eben die o.a. Fristenkongruenz. Es ist ein Sparen, aber eines, das erst nach Kreditvergabe entsteht, und nicht schon vorher da war. Es ist ein Sparen, das aus dem Noch-nicht-Vorhandensein von auszahlbarem Geld in Form von Geldvermögen gegenüber steht.
Zum Bereich Haushalte ist zu ergänzen, dass dieser ja die  ganzen Wertschöpfungskette begleitet, die wiederum die die Lohneinkommen als einen ganz entscheidenden Finanzierungs-Anteil in jeder Ebene der gesamten Wertschöpfungskette hervorbringt -  von der Gewinnung von Rohstoffen bis letztlich hin zu den kleinteiligen Konsumprodukten wie ein Paar Hosen, einem Laib Brot   oder einem IPad. Mit diesen Lohneinkommen wird dann von jeder Ebene aus auf die schon früher gefertigten Konsumprodukte, welche letztendlich dann aus der obersten Ebene der Wertschöpfungskette  hervorgehen, zugegriffen.  
Ich füge hier hinzu, dass mir dieser Zusammenhang auch erst jetzt  so richtig klar wurde. Und  ich die oben angeführte Frage erst jetzt überzeugend beantworten kann. „Sparer“ werden nicht deshalb gebraucht, um Kredite vergeben zu können, sondern zur Einhaltung der „Goldenen Bankregel


 Ernst Dorfner  02/2012, ergänzt 05/2013


Aus Wikipedia:
Fristenkongruenz bezeichnet die Übereinstimmung der Fristen von Kapitalbindung und Kapitalüberlassung von Aktiva und Passiva in der Bilanz. Die Nutzungsdauer einer Anlage sollte demzufolge die Bezugsgröße für die Laufzeit der zugehörigen Finanzierung sein. Das bedeutet, dass länger im Unternehmen verbleibende Gegenstände (wie z. B. Investitionsgüter) auch durch langfristige Finanzierung (Langzeitkredit/Eigenkapital) gedeckt sein sollten.
In der Regel wird dabei davon ausgegangen, dass Eigenkapital zeitlich unbegrenzt und Fremdkapital gemäß den vereinbarten Rückzahlungsfristen zur Verfügung steht.
Der Grundsatz der Fristenkongruenz findet seinen Ursprung in den gesetzlichen Finanzierungsregeln für Banken (Goldene Bankregel). Dabei sollen die Laufzeiten der ausgegebenen Kredite an die Schuldner einer Bank mit den Laufzeiten der einkommenden Einlagen von Kunden übereinstimmen.